Montag, 20. Mai 2019

Die Neckargasse: Gedankenspielstraße

Von Raimund Vollmer

Als die Idee aufkam, die Neckargasse im Rahmen der Baumaßnahmen in eine verkehrsberuhigte Spielstraße zu verwandeln, stand im Bezirksgemeinderat durchaus die Vorstellung dahinter, dass dies für immer und ewig so sein könne - nicht nur während der Bauzeit. Dann gäbe es extra eingezeichnete Parkplätze und der Brunnen, irgendwie das romantische Zentrum des Ortes, wäre endlich von allem Blech befreit. Ach, hätte der Bezirksgemeinderat doch gleich die Dauerlösung angestrebt!!! Stattdessen musste er jetzt erleben, dass die Spielstraßenschilder - ohnehin nur wie ein Provisorium positioniert, was zum Beispiel den Autor dieser Zeilen irritiert hat - nun wieder entfernt wurden. Es darf bei der Einrichtung von Spielstraßen nur Dauerlösungen geben, heißt es in einer Bestimmung, die - weil sie niemandem in Stadt und Dorf gefällt - nun dem gesunden Menschenverstand zuwiderläuft. Wenn Beamten etwas nicht gefällt, dann haben sie eigentlich immer Vorschriften, die die eigene Meinung stützen. Dieses Mal gab es so etwas nicht. Und schon schüttelt man weise den Kopf!!! Warum hat man damals nicht gleich grundsätzlich die Neckargasse, die immer mehr zur Meckergasse wird, zur Spielstraße erklärt? 

Auch für die Zeit danach, wenn alle Baustellen keine Staustellen mehr sind? Chance vertan, oder? Ich, der ich zehn Jahre diesem Gremium angehörte, ärgere mich über mich selbst. Da hätten wir weiter denken müssen! Irgendwie wollte ich das wiedergutmachen und schlug in der letzten Sitzung vor, dass das Neue Gremium die Zukunft der Neckargasse doch zu seinem Thema machen solle. "Gemeinsam mit den Anwohnern der Neckargasse", griff Erich Diebold diese Idee sofort auf. Und das wäre eine gute Sache. Das alte Gremium hätte dies noch in Form eines Beschlusses an seinen Nachfolger vererben können. Warum hatten Erich und ich das nicht vorgeschlagen? Als Antrag. 

Ärgerlich! Die Neckargasse ist meiner unmaßgeblichen Meinung nach das dörflichste Stück Altenburgs. Wenn ich Gästen den Ort zeige, dann führt der Weg immer durch die Neckargasse. Und stets lautet dann mein Kommentar: "Das ist ein Stück Provence für mich." In Altenburg - wie in allen phantasiebefreiten Gemeinden - ist das Neue immer auch das Neue, nie das Alte. So verlor Altenburg seine Zehntscheuer, einen fränkischen Hof an das Rathaus oder die Erlenbachidylle an die Donaustraße. Und manches mehr.
 
Vielleicht machte dies aus der Logik der damaligen Zeit heraus auch Sinn. Man wusste es nicht besser - wie jetzt bei der Neckargasse auch. Stimmt nicht! Nahezu jeder im Gremium erinnert sich an das legendäre Neckarstraßenfest in den 90er Jahre (hat da jemand noch Fotos?). Kinder hatten entlang der Gasse ihre Flohmarktstände aufgebaut. Und wir, die Erwachsenen, hatten ebenso viel Freude wie die Kinder. Meines Erachtens wurde dies nie wiederholt. Wenn nun die Neckargasse eine Spielstraße wäre, dann könnte man einen Flohmarkt jederzeit wieder einrichten. Einmal im Jahr. Auch ein kleiner Faschingsumzug wäre denkbar. Ohne viel Aufwand für die Auerochsen, aber mit viel Freude. Der Obst- und Gartenbauverein könnte zu einem kleinen Erntedankfest am Brunnen einladen. Nichts Großes, nichts Lautes. 
 
Die künstlerischen Talente Altenburg könnten hier eine Ausstellung wagen. Der Geschichtsverein und die Kirchen könnten ja auch einmal ihren Altenburger Abend im Freien veranstalten. Es gäbe bestimmt unzählige Ideen, die man hier - in voller Abstimmung mit den Anwohnern - realisieren könnte. Der besondere Charme wäre der Open-Air-Charakter. Sogar ein Nikolausumzug wäre möglich. Die Neue Ortsmitte, die ja noch in dem Glauben entsteht, dass das Neue immer nur aus dem Neuen kommt, bekäme eine Erweiterung nach oben. Am Samstag bin ich durchs Ringelbachviertel gelaufen, habe dort die übers ganze Gebiet verteilten Flohmarktstände besucht. Alt und Jung traf sich hier. Man redete miteinander, feilschte, scherzte, diskutierte - so, wie wir es uns doch eigentlich auch in unserem Dorf wünschen. 

Ob man durch seinen Ort geht und dabei Menschen der unterschiedlichsten Art sitzt oder bei einer Hockete zusammensitzt, beides hat seinen eigenen Reiz. Beim Spaziergang lernt man garantiert andere Menschen kennen als bei einer Hockete. Übrigens: eine Idee habe ich ganz vergessen: Die Neckargasse könnte tatsächlich eine Spielstraße sein. Für Kinder und Erwachsene. Ich hätte da einen Vorschlag: ein Mensch-Ärgere-Dich-Nicht-Turnier. Ich würde mich sofort anmelden... 

Bildertanz-Fotos: Raimund Vollmer

1 Kommentar:

  1. Ähm nach meiner Kenntnis darf in der Neckargasse jetzt 50 gefahren werden, Ähm das tritt ab sofort in Kraft....
    Liebe Grüße aus der Meckergasse

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